Die Garten- und Pflanzplanung für das neue Jahr steht an. Wie wäre es mit dem Anbau alter Gemüsesorten?
Alte Sorten verfügen über eine Vielzahl von Eigenschaften, die für den Anbau im Kleingarten und die Versorgung mit leckeren und gesunden Lebensmitteln bedeutsam sind. Wenn wir selbst Gemüse anbauen, geht es vor allem um Gaumenfreude und eine bunte Vielfalt. Da können moderne Sorten oft nicht mithalten. Anders als im Erwerbsgartenbau und globalen Handel spielt da eine gleichzeitige Abreife oder die Transportfähigkeit der Früchte kaum eine Rolle.
Nicht so offensichtlich, aber genauso wichtig sind alte Sorten als genetische Ressource. Ihre genetisch festgelegten Eigenschaften, wie verschiedene Stresstoleranzen, könnten in Zukunft eine verstärkte Rolle spielen. Wer weiß, worauf es dann ankommt und auf welchen Genpool man bei der Züchtung zurückgreifen will oder muss.
In den 1960er Jahren wurde die sogenannte „grüne Revolution“ als erfolgversprechender technikbasierter Ernährungs- und Produktionsansatz vorangebracht. Sorten wurden hinsichtlich Produktivität und handelserleichternder Maßgaben selektiert, und chemisch-synthetische Pflanzenschutz- und Düngemittel kamen verstärkt auf den Markt.
Seither gelten allein in Deutschland 75% von den fast 7.000 Gemüsesorten und -arten, die man bis 1956 noch genutzt hatte, als verschollen. Weit mehr als 1.000 der alten Gemüsesorten stehen auf der Roten Liste der vom Aussterben bedrohten Kulturpflanzen.
Das etablierte System geht vielfach auf Kosten der biologischen Vielfalt, der Umwelt und des Klimas, des Tierwohls und letztendlich der menschlichen Gesundheit. Es ist fraglich, ob es wirklich die erhoffte Ernährungssicherung nachhaltig gewährleisten kann.
Vor diesem Hintergrund rücken alte Sorten mit ihren besonderen Eigenschaften verstärkt in den Fokus. Dass wir noch alte Kulturarten und -sorten vorfinden, haben wir v.a. einer Vielzahl von meist ehrenamtlich organisierten Saatgutinitiativen zu verdanken. Sie sorgen für den Erhalt der Kulturpflanzenvielfalt, deren Verbreitung und Zugänglichkeit für die Allgemeinheit. Durch den Anbau der Sorten und die Fachberatung tragen bereits jetzt engagierte Kleingartenorganisationen dazu bei. Das ist auch politisch wichtig, denn immer wieder werden rechtliche Vorgaben angepasst. Aktuell wird sogar das EU-Saatgutverkehrsgesetz neu verhandelt.
Wollen auch Sie die Kulturpflanzenvielfalt stärken?
Probieren Sie in der anstehenden Gartensaison in Ihrem Kleingarten alte Gemüsesorten aus, erzählen Sie davon und verschenken Sie Ihr Lieblingssaatgut! Wollen Sie tiefer einsteigen, können Sie sich in „Erhalter-Ringen“ einbringen. Sie bauen dann ein Jahr lang entsprechend den Erhaltungskriterien, z.B. die Bohnensorte 'Goldnektar' an und helfen mit, diese zu bewahren.
Neue Geschmackserlebnisse, eine Vielfalt an Nährstoffen und ungewohnte Farben und Formen werden Ihnen die Saison verschönern! Und das Gute dabei, wenn Ihnen die Sorte zusagt, können sie diese selbst vermehren, denn solche alten Sorten sind im Gegensatz zu den neuen Hybridsorten samenfest, behalten also ihre Eigenschaften in der folgenden Generation.
Eva Foos, BDG
Initiativen, Seminare und Bezugsquellen für Saat- und Pflanzgut (Auswahl):
Dachverband Kulturpflanzen- und Nutztiervielfalt e. V.: https://kulturpflanzen-nutztiervielfalt.org/
Verein zur Erhaltung und Rekultivierung von Nutzpflanzen, VERN e. V.: https://vern.de/
Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt, VEN e. V.: https://www.nutzpflanzenvielfalt.de/